Heute möchte ich dir erzählen, was mit mir passiert ist, als ich 10 Tage lang nicht sprechen durfte, kein Handy hatte, keine Bücher lesen konnte und von der Aussenwelt abgeschottet war. Ich verbrachte die Zeit in Stille und Meditation, konzentrierte mich nur auf mich selbst und meinen Geist.
Für mich waren es die neun längsten, aber auch schönsten Tage meines Lebens. Mit dem Wunsch, Ruhe in meinen Geist zu bringen, meldete ich mich nach langem Zögern für ein Vipassana-Retreat an, das schon lange auf meiner Bucket List stand. Ich suchte Stille und innere Ruhe.
Doch einmal von vorne
Was bedeutet Vipassana? Vipassana bedeutet "beobachten". Es ist eine der ältesten Meditationstechniken Indiens und lehrt, die Dinge so zu sehen, wie sie wirklich sind. Vor über 2500 Jahren von Buddha wiederentdeckt, gilt sie als universelles Heilmittel und Lebenskunst. Vipassana gehört keiner bestimmten Religion an und zielt darauf ab, geistige Unreinheiten zu beseitigen und letztendlich vollkommenes Glück und Befreiung zu erreichen. Durch Vipassana erlangte Buddha Erleuchtung.
Vipassana ist ein Weg der Selbstveränderung durch Selbstbeobachtung. Der Retreat, den ich besuchte, bot eine grundlegende Einführung in Methoden des Theravāda-Buddhismus, um inneren Frieden und Weisheit zu finden. Der Fokus liegt auf der Entwicklung von Mitgefühl, liebender Güte, Gleichmut, Freude, Geduld, Beharrlichkeit, Energie, Verständnis und Weisheit sowie auf dem Abbau von Gier, Hass, Zorn, Furcht, Eifersucht, Besorgnis, Angst, Trauer und Ungewissheit.
Ein grosser Bestandteil dieses geistigen Trainings ist die Entwicklung geschärfter Achtsamkeit auf die eigenen Handlungen, sprachlichen Äusserungen und Gedanken. Diese Achtsamkeit ist von grosser Bedeutung, um Klarheit und Stärke des Geistes zu entwickeln. Mit Hilfe dieser Klarheit kann man dann erkennen, welche Handlungen, Äusserungen und Gedanken zu Stress und Schwierigkeiten führen und welche zu Frieden und Harmonie in uns und anderen hinleiten. Der grösste Aspekt dieser Technik ist die Entwicklung von Mitgefühl als Triebkraft und innere Einstellung hinter unseren Handlungen, Äusserungen, Gedanken und Mitgefühl mit Ihnen. Mit Mitgefühl als Grundeinstellung werden wir dazu bewegt, uns selbst und anderen keinen Schaden oder Schwierigkeiten zuzufügen.
The past is history
The future a mystery
Today is a gift
Das Waldhaus am Laacher See
Das buddhistische Meditations-Retreat besuchte ich im idyllischen Waldhaus am Laacher See.
Am ersten Tag wurde mir mein Zimmer zugeteilt, das ich mit zwei anderen Frauen aus Deutschland teilte. Anschliessend schrieb ich mich für Hausarbeiten ein: für den «wake-up Gong» um 05:35 Uhr und den Abwasch am Abend. Meine Aufgabe war es, morgens das Haus zu umrunden und die Teilnehmer mit dem Gong zu wecken.
Dann ging es los: Am ersten Abend trifft man die klare Entscheidung für die kommenden Tag nicht mehr zu sprechen, in keiner Weise mit den anderen Teilnehmenden zu kommuniziert (auch keinen Augenkontakt), man entscheidet sich alle Ablenkungen bei Seite zu legen, um vollkommen achtsam mit sich selbst zu sein.
Ab diesem Moment wurde es still um mich, aber laut in meinem Kopf. Ich fühlte mich traurig und verloren, ohne Ablenkungen, die meine Gefühle betäuben könnten. In den ersten Tagen war mein "Bullshit FM" (meine innere Stimme) extrem laut. Die Versuchung zu gehen war gross, aber mein Herz wollte bleiben und die Ruhe erleben, von der alle erzählen, dass man sie erlangen kann.
Täglich wurden mir Techniken erklärt, die mir halfen, tiefer in die Meditation zu gelangen: wie ich mich von Anhaftungen löse, bewusst esse, Mitgefühl kultiviere, loslasse und die fünf Hindernisse zu einem ruhigen Geist erkenne und überwinde. Mein Ziel war es, meinen Geist zu reinigen und inneren Frieden zu finden.
Ich folgte meinen Gedanken bis ins Detail. Die eine grosse Erkenntnis gewann ich nicht, aber ich lernte etwas viel Wichtigeres: meinen Geist zu beruhigen und dadurch Klarheit zu erlangen. Ich spüre mich jetzt mehr, merke, was mir guttut, bin kein Opfer meiner negativen Gedanken mehr und fühle täglich Liebe und Mitgefühl.
Hier ist der Tagesablauf des Meditations-Retreats, damit du dir ein Bild machen kannst:
Tagesablauf
05.00 Wake-up
05.45 Sitzmeditation
06.30 Gehmeditation
07.00 Sitzmeditation
07.30 Frühstück
Arbeitsmeditation oder Freizeit
09.30 Gehmeditation
10.00 Ein Vortrag der Lehrer, gefolgt von einer Sitzmeditation
10.45 Sitz- oder Stehmeditation
10.55 Ein kurzer Vortrag der Lehrer
11.00 Gehmeditation
11.30 Mittagessen
Arbeitsmeditation oder Freizeit
13.30 Gehmeditation
14.15 Meditation im Stehen so lange wie möglich und dann im Sitzen
15.00 Gehmeditation
15.45 Sitzmeditation
16.30 Sitz- oder Stehmeditation
16.45 Gehmeditation
17.15 Leichtes Abendessen
Arbeitsmeditation oder Freizeit
17.45 Sitzmeditation
19.15 Steh- oder Gehmeditation
19.45 Ein Vortrag der Lehrer
Anschliessend wahlweise Meditation oder Bettruhe
Diese Technik begleitet mich seit einem Jahr täglich. Ist es immer leicht? Nein. Aber ich versuche es immer wieder. Wie Steve und Rosemary während des Retreats sagten: It is about the intention than the result.
„It is more about the intention than the result".
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